Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts hatten wird seinerzeit Verfassungsbeschwerde erhoben. Diese wurde nicht zur Entscheidung angenommen. In der Folgezeit konnte die zwangsweise Vollstreckung durch unser Tätigkeit zunächst verhindert werden. Später allerdings folgte die gewaltsame Durchsetzung des Beschlusses durch den Gerichtsvollzieher. Vollstreckt wurde dabei im Gebäude des Amtsgerichts. Ein wahrhaft unwürdiges Szenario, dass zu erheblicher Kritik am familiengerichtlichen Verfahren Anlass gibt.
Die Kinder jedenfalls wurden zum Vater gebracht. Dort musste sie jedoch nach wenigen Tagen wieder abgeholt werden, da sich die Kinder weigerten, dort zu bleiben. Sie wurden in eine Heimeinrichtung des Jugendamtes verbracht. Dort wurde dann über Monate vergeblich versucht, die Kinder zum Wechsel zum Vater zu überreden. Die Kinder besuchten in dieser Zeit nicht die Schule und waren von der Außenwelt abgeschottet. Kontakt zur Mutter war untersagt.
Wir leiteten ein Abänderungsverfahren vor dem Amtsgericht ein. Dieses hatte jedoch mutmaßlich aus Sicht falschverstandener Elternrechten kein Einsehen. Das Sorgerecht der Mutter blieb entzogen. Es erfolgte die neuerliche Beschwerde vor dem Oberlandesgericht,die nun erfolgreich war. Die Mutter hat das Sorgerecht zurück. Auch die Kinder leben bereits seit einigen Monaten wieder bei ihr, weil das Jugendamt ein Einsehen hatte und verstand, dass gegen den Willen der Kinder eine solche gerichtliche Entscheidung nicht umsetzbar ist. Insgesamt ein steiniger Weg, der gezeigt hat, das der Rechtsstaat an Grenzen gerät. Für mich sind am Ende Fragen von höhstem Verfassungsrang leider unbeantwortet geblieben. Sie werden sich sich von neuem Stellen. Der Einsatz aber hat sich lohnt. Die Kinder sind wieder da wo sie hingehören und vor Allem nach ihrem Willen leben wollen. Familiengerichtliche Verfahren sind immer dynamisch und gerichtliche Entscheidungen änderbar. Allerdings hat sich auch gezeigt, wie unterschiedlich Sachverhalte in Kindschaftsverfahren beurteilt werden. Die gilt insbesondere bei hochstrittigem Elternstreit. Gerichtiche Entscheidungen muss man nicht immer verstehen und gutheißen. Aber man kann sie auf pozessualem Weg hinterfragen, bis dem Rechtsfrieden genügen getan ist.
Besonders problematisch ist auch der Umstand, dass in der juristischen Fachliteratur immer wieder Entscheidungen zu herausragende Einzelfällen veröffentlicht werden und dabei suggeriert wird, dass diese auch auf andere Verfahren eins zu eins übertragbar wären. Dem ist allerdings eine klare Absage zu erteilen.
Den veröffentlichten Entscheidungen liegt meist nicht der vollständige Lebenssachverhalt zugrunde. Meist fußt die gerichtliche Entscheidung zudem auf einem fragwürdigen Sachverständigengutachten. Letztlich eröffnet die richterliche Unabhängigkeit die Möglichkeit, dass jedes Gericht in Beschlüssen auch seine eigene Auffassung wiedergeben kann. Es ist eine Binsenweisheit, dass in der Richterschaft völlig verschiedene Auffassungen zu kindlichen Belangen und Bedürfnissen vorherrschen, die sich dann auch in der kundgetanen Rechtsauffassung wiederspiegeln.
Sorgerechts- und Umgangsverfahren, insbesondere im Bereich der Hochstrittigkeit sind daher immer Einzelfälle und daher auch als solche zu behandeln. Die vermeintliche Übertragbarkeit von Einzelfallentscheidungen auf andere Fälle führt lediglich dazu, Elternrechte in Position und zur Geltung zu bringen. Die kindlichen Belange geraten dabei meist in den Hintergrund. Der Blick auf die Kinder wird quasi vernebelt, was wiederum eine Gefahr für fehlerhafte familiengerichtliche Entscheidungen mit sich bringt, die oft nur mit erheblichem Aufwand revidiert werden können.
Sorgerecht, Abänderungsverfahren, Herausgabeanordnung