Die betroffenen Kindeseltern waren schon in jungen Jahren zusammengekommen. Die spätere Ehe, aus der der betroffene Sohn hervorgegangen war, ist geprägt von einer sogenannten On-Off Beziehung. So verhielt es sich auch nach der Ehe, als man nicht konsequent voneinander lassen konnte. Nicht nur die Paarbeziehung war emotional geprägt, nein, leider auch die Auseinandersetzung zum Thema Umgang/Sorgerecht.
Was viele Betroffene dabei häufig übersehen, der vermeintliche Vorteil des eigenen Sachvortrags bei Gericht für den Streit mit dem anderen Elternteil kann einem später selbst auf die Füße fallen. Leider übersehen dies auch viele Anwälte, so dass statt einem beruhigenden Einwirken auf den Mandanten und das Verfahren gerne ohne Not aus „vollen Rohren“ geschossen wir, bzw. sorgerechtliche Verfahren eingeleitete werden, von denen man besser dringend abgeraten hätte. So war es auch hier. Auseinandersetzungen wurden übertrieben dargestellt, das andere Elternteil wurde zur Zielerreichung ordentlich schlecht gemacht. Das Ende vom Lied war, dass immer mehr das Wort „Kindeswohlgefährdung“ im Raum stand. Keine der beteiligten Anwälte und auch nicht die Eltern erkannten die schleichende Gefahr, zumal das Gericht zunächst entschied, dass Kind solle in den Haushalt des Vaters wechseln. Dieser wollte aber eigentlich nur regelmäßigen Umgang durchsetzen und das Kind eigentlich lieber bei der Mutter belassen, weil er um die gute Bindung zwischen Mutter und Kind wusste. Er sah sich allerdings auch gezwungen dem Sorgerechtsantrag der Mutter entgegenzutreten. Ihm war auch klar, dass die Mutter insbesondere aufgrund der in ihr veranlagten Emotionalität zu impulsivem Verhalten neigte. Was aus seiner Sicht nichts daran änderte, dass sie eigentlich eine gute Mutter ist. Er setzte dementsprechend in der Folgezeit den Umzug seines Sohnes nicht um und beließ ihn bei der Kindemutter. Dies wurde für die anderen Verfahrensbeteiligten zum Problem. Die Mutter ist nach Sachverständigengutachten zu impulsiv und der Vater nicht in der Lage sich hiergegen im Interesse seinen Kindes zur Wehr zu setzen. Es kam wie es kommen musste. Das Kind wurde in Obhut genommen. Dabei fehlte es dem Kind an nichts, ein guter Schüler, viele Freunde, eingebunden in Vereine und geordnete wirtschaftliche Verhältnisse bei den Eltern. Dazu, welche negativen Auswirkungen die Inobhutnahme hat, kein Wort in den gerichtlichen Beschlüssen. Stattdessen, ab sofort nur noch einmal pro Monat begleiteter Umgang für eine Stunde. Die Eltern waren fassungslos. Trotz des Streits sollten jetzt beide Eltern nach dem Willen des Jugendamtes den monatlichen Termin gemeinsam wahrnehmen. Die Eltern taten dies und verflogen war der gemeinsame Streit. Man war sich einig, das Kind sollte nicht im Heim bleiben. Man setzte sich zur Wehr. Leider vergebens. Das zuständige OLG entschied nach einem Gutachten, die Mutter ist nur eingeschränkt erziehungsgeeignet und der Vater nicht ausreichend in der Lage das Kind davor zu schützen. Wenn man das Gutachten liest schlägt man wie so oft die Hände über dem Kopf zusammen. Kein wissenschaftlicher Leitfaden, sondern einzig die Wiedergabe der persönlichen Meinung der Sachverständigen. Leider findet sich kaum noch ein Richter die dazu bereit sind ihre kostbare Zeit dafür zu opfern ein Gutachten und seine Folgen kritisch zu hinterfragen. Schon vor der Entscheidung des OLG hatte das Jugendamt den Jungen in eine Pflegefamilie ins Ausland gebracht. Alle Versuche der Eltern auf eine Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sind über mehrere Jahre gescheitert. Wir haben diesen Fall jetzt übernommen und neu aufgerollt. Als ersten Erfolg haben wir vor Gericht für den Vater ab sofort ganztägige unbegleitete Umgänge mit seinem Sohn erstritten. In Deutschland leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Entfremdung steht im Vordergrund. Ein Plan für Hilfen und Rückführung gibt es nicht. Wir hoffen, dass das völlig verunsicherte Kind wieder Vertrauen zum Vater fassen kann. Das Verhältnis war immer gut und geprägt von väterlicher Zuneigung. Die Kindesmutter hat zum Wohle des Kindes dem Antrag des Vaters zugestimmt. Ich habe Hoffnung, dass die Ursprungsfamilie dem Kind erhalten bleiben kann. Das Ganze hat im Übrigen nichts damit zu tun wie es dem Kind in der Pflegefamilie geht. Dass es ihm gut geht, wird von den Eltern nicht angezweifelt. Es geht darum, wie weit der Staat bei der Ausübung seines Wächteramts gehen darf und ob es tatsächlich opportun ist, die Herkunftseltern quasi als Bestrafung aus dem Leben des Kindes dauerhaft auszublenden. Aus meiner Sicht liegt hier eine staatlich angeordnete und geduldete sekundäre Kindeswohlgefährdung vor. Leider kein Einzelfall.
Sorgerecht, Umgangsrecht, Sachverständigengutachten, Fremdunterbringung