„Setzen Sie beim Streit ums Sorgerecht auf
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20Mar2019

Bindungsintolerant = mangelnde Erziehungsfähigkeit = Sorgerechtsentzug?

Von: Pajam Rokni-Yazdi
Wenn Gutachter Eltern eine fehlende Bindungstoleranz attestieren oder das andere Elternteil eine solche auch nur behauptet heißt es schnell, dass keine Erziehungsfähigkeit gegeben oder diese zumindest eingeschränkt ist. Richter schließen dann oft auf eine Kindeswohlgefährdung und schon tritt die Frage des Sorgerechtsentzugs in den Raum. Hier besteht vor allen die Besonderheit, dass der Richter von sich aus auf eine Kindeswohlgefährdung schließen kann und von Amts wegen ein entsprechendes Verfahren auf Entziehung der elterlichen Sorge einleiten kann. Hierzu bedarf es keines Antrages des anderen Elternteils. Aus einem Umgangsverfahren kann so schnell ein Sorgerechtsverfahren werden.

Die vermeintlich mangelnde Bindungstoleranz wird oft mit Schwierigkeiten beim Umgang und einer vermuteten Beeinflussung des Kindes durch die Mutter begründet. Diese beruft sich selbst allerdings auf den eigenen Willen des Kindes, welches selbst äußert, nicht zum Vater zu wollen und nur unter Gewalteinwirkung dazu zu bringen wäre den Umgang durchzuführen. Die von den Gerichten in solchen Fällen angeordneten begleiteten Umgänge enden dann meist in unerträglichen Szenen für alle Beteiligten. Die rechtlichen Konsequenzen die von den Gerichten gezogen werden reichen von Sorgerechtsentzug der bei der Mutter bis hin zur Fremdunterbringung bis hin zum Umgangsausschluss für den Vater. Es wird insbesondere darauf gepocht, dass der betreuende Elternteil gesetzlich dazu verpflichtet ist, alles dafür zu tun, dass der Umgang mit dem anderen Elternteil tatsächlich stattfindet. Das Kind muss positiv daran bestärkt werden. Ausnahmen sind nicht zulässig und führen zu Ordnungsgeldern oder Sorgerechtsentzug. Die kindlichen Belange und Sichtweisen werden nicht berücksichtigt oder kindliches Verhalten als Manipulation des betreuenden Elternteils behauptete oder angesehen. Beweise hierfür bedarf es bei Gericht meist nicht. Die Behauptung reicht, um das Verfahren in eine fatale Richtung zu befördern. Für die Beantwortung der Fragen, wie und warum sich Kinder in Fällen des Hochkonflikt verhalten, geeignete Sachverständige zu finden ist so gut wie unmöglich. In Fällen wie diesen ist fachkundiger Rat von Anwälten und Psychologen dringend angezeigt. Insbesondere wenn man sich einer Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen stellen soll. Hier ist größte Vorsicht geboten. Sich der Begutachtung durch irgendeinen Sachverständigen auszusetzen ist wie das Auslaufen aus dem Hafen bei Windstärke zwölf. Es gibt unter den gerichtlichen Sachverständigen viele schwarze Schafe. Wissenschaftlich fundierte Gutachten sind kaum zu finden. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Gerichte für ihre Entscheidung eindeutige Diagnosen und Handlungsempfehlungen bevorzugen. Mit einem offenen Ergebnis in einem Gutachten mag kaum ein Richter etwas anfangen. Von daher positionieren sich Sachverständige regelmäßig auf einer Elternseite und so ist Ungemach vorprogrammieret. Oft wird dem betreuenden Elternteil dann eine irgendwie geartete Persönlichkeitsstörung angedichtet oder sonstige Einschränkungen bei der Erziehungseignung festgestellt. Es drängt sich mir insbesondere auch der Eindruck auf, dass es im Weiteren dann darum geht das andere Elternteil für vermeintliche Erziehungsmängel zu bestrafen. Dies erfolgt dann zumeist unter dem Deckmantel des „Kindeswohls“. Der Kindeswille wird dabei völlig ausgeblendet.

Schlagworte zu diesem Artikel

Sorgerecht, Umgangsrecht, Umgangsverweigerung, Umgangsausschluss, Sachverständigengutachten, Fremdunterbringung, Bindungstoleranz

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